Der Menschenfeind - H. M. Enzensberger

Die Oberstufen-Theater-AG des Städischen Gymnasiums Bad Segeberg präsentiert 'Der Menschenfeind' nach einem französischen Stück Molières, übersetzt von Hans Magnus Enzensberger.


(Michael Cziesla, Wolfgang Kramer, Tobias Else)

am 13., 14., 17. und 18. September 1991 jeweils 20.00 Uhr
Eintrittspreise: 5,- DM bzw. 3,- DM Schüler


Mitwirkende:

Alceste

Philinte, sein Freund

Oronte

Célimène

Eliante, ihre Cousine

Arsinoé

Acaste

Clitandre

Jimmy

Der Beamte

Bosco

Wolfgang Kramer

Tobias Else

Michael Cziesla

Mirja Peemöller

Janine Kraunus

Uta Winter

Silja Beck

Marcus Rogge

Karsten Arndt

Philipp Stut

Nils Peemöller

Die Darsteller über ihre Rollen:

Alceste - Alceste ist der Menschenfeind, die Hauptperson unseres Stückes.
Er ist Dichter und Literaturkritiker und als solches Mitglied einer "Schickeria"-Gesellschaft der heutigen Zeit. Nur will Alceste sich nicht in den stark dekandenten Gepflogenheiten des Jet-Sets treiben lassen, er ist ein ständiger Anprangerer von eingefahrenen, ihm oberflächlich, unehrlich und unmenschlich erscheinenden Verhaltensformen. Obwohl sein Freund Philinte sich in keiner Weise von anderen Mitgliedern der High Society unterscheidet und Alcestes immer wiederkehrende Ausbrüche mit einer Mischung aus wachsendem Argwohn, Mitleid und schierem Unverständnis verfolgt, ist dieser eine der wenigen Personen, denen Alceste regelmäßig sein Herz ausschüttet. Die Freundin Alcestes, die von allen begehrte Partyschönheit Célimène, ist ebenfalls fest eingebundenes Mitglied der von unserem Protagonisten so verhassten Schickeria.

Alceste steht der Erfüllung und Erwiderung seiner im Grunde innigen Liebe zu ihr die ganze Zeit selbst im Wege durch das dauernd in böswilligen Verhaltensweisen zu Tage tretende Phänomen seiner Eifersucht auf jeden Mann, der auch nur die Spur eines Flirts mit Célimène zu unterhalten scheint.

Alceste will Célimène ganz für sich haben, er will nicht um sie kämpfen müssen, er will ihr überlegen sein und am liebsten mit seiner Herzensdame, die in dieses Bild so gar nicht zu passen scheint, in "menschenleeres" Gebiet auswandern. Wir verfolgen Alceste das Stück hindurch, wie er, ständig die Heuchelei im gesellschaftlichen Umgang anklagend, seine Existens doppelt gefährdet sieht. Einerseits durch einen Zivilprozess aufgrund wieder einmal allzu ehrlicher, beleidigender Äußerungen, der ihn materiell zu ruinieren droht, und druch den Staatsapparat, der ihn wegen einer verbotenen Schrift verfolgt.

Goethe sagte über den Menschenfeind des Molière, Vorlage für unser Stück, 1826 folgendes: "Hier stellt sich der reine Mensch dar, welcher bei gewonnener großer Bildung doch natürlich geblieben ist und wie mit sich so auch mit anderen nur zu gern wahr und gründlich sein möchte; wir sehen ihn aber in Konflikt mit seiner sozialen Welt, in der man ohne Verstellung und Flachheit nicht umhergehen kann."

Motivation für mich, gerade diese Figur, die "die Menschen gar nicht leiden kann", auf die Bühne zu bringen, mögen gewesen sein auf der einen Seite ein gewisses Verständnis für Alcestes ihn immer wieder beinahe selbstzerstörenden krassen Gefühle den Mitmenschlichen Verkehr betreffend, sowie auf der anderen Seite ein Interesse an der Frage, wie sich ein menschlicher Charakter, der eigentlich wie "Du und ich" auf ein genügsames Zusammenleben programmiert wäre, sich so in höchst ehrenwerte Kritikziele hineinsteigert, dass eigentlich elementare Dinge des Lebens darunter Leiden.



Philinte - Ich bin Philinte. Eigentlich suche ich mir den einfachsten Weg durch die Partygesellschaft, in der ich mich bewege und mich wohl fühle. Jedoch, da Alceste, ein wahrer Freund (erkennbar daran, daß ich mich mit ihm streite), der es nicht versteht, dass man nicht immer sagen darf, was man denkt, weil man damit andere verletzten könnte. Aber es verstößt einfach gegen mein Taktgefühl, anders zu reden als andere Menschen und Menschen zu kränken, und so halte ich mich lieber zurück und bleibe cool.

Diese Art, sich zu geben, so auch durch das Leben zu kommen und von seinen Mitmenschen auch geachtet zu werden, indem man seine Offenheit einschränkt, stößt zwar auf die ständige Gegenwehr Alcestes (diese zeigt sich in seiner unablässigen Kritik an mir und der gesamten Partygesellschaft), aber sie ist es, die mich gut leben läßt.



Eliante - Eliante ist eine ruhige unauffällige Person, die es versteht, ihre gesellschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Sie hält nichts davon, an ihren Mitmenschen öffentlich Kritik zu üben, besonders, wenn dies hinter dem Rücken der betreffenden Person geschieht.

So vertritt sie einerseits die Position ihrer Cousine Célimène, die sich in der Gesellschaft perfekt zu verkaufen weiß, andererseits imponiert ihr jedoch auch Alcastes Mut, den sie selbst nicht besitzt, sich gegen die gesellschaftliche Pflichten und Zwänge zu stellen, die zum Lügen zwingen.



Célimène - Sie hat keine Prinzipien, sie weiß nicht, was sie will; in ihrem Leben geht es chaotisch zu. Sie will faszinieren, kokettiert und hängt an denen, die ihr nichts bedeuten. Dass sie Alceste wirklich liebt, verdrängt sie. Ihre Flirts sind für sie Vitamine.



Arsinoé - Arsinoé ist eine alleinstehen Dame Mitte 30. Ihr größtes Problem ist die Männerwelt. Sie setzt alles daran, den Männern zu gefallen, findet jedoch nicht die rechte Anerkennung. Nach außen wird sie als prüde beschrieben, in ihrem Innern geht sie jedoch ihren geheimen Wünschen nach einem Liebhaber nach. Sie versucht, allen Menschen, sowohl Frauen als auch Männern, gegenüber offen zu sein. Teils geschieht dies aus Freundschaft, aus Neid oder aus purer Hilflosigkeit. Dies ist ein weiterer Grund, der für ihr Anecken verantwortlich ist.

Arsinoé ist in Alceste verliebt, kann diesen jedoch nicht für sich gewinnen, da er in Célimène verliebt ist. Arsinoé versucht dennoch Célimène als Freundin gegenüberzustehen, was nicht direkt erwidert wird.



Oronte - Pseudo-Intellektueller? Verkanntes Genie? In jedem Fall ein verschrobener Charakter. Der Erfolgsmensch, der sich in der High society bewegt, Geld hat und im Grunde alles erreicht hat, was die Masse für erreichenswert hält.

Dennoch treibt es ihn, auch im künstlerischen Bereich erfolgreich zu sein, was er denkt, durch seine Gedichte zu erreichen. Sein schiefer Poeten-Genius, vordergründig hochgelobt, in Wirklichkeit jedoch verlacht, treibt ihn nach Kritik an demselben zu überstürztem, ungerechtem Handeln. Überhaupt wirkt Oronte sehr überzogen, fast wie eine Mischung aus Herrn Kaiser (Hamburg-Mannheimer Versicherung) und Thomas Gottschalk. Sein Auftreten scheint komisch, und man könnte sich über ihn totlachen... - man könnte - wenn man sich nicht klarmachte, wie bedauernswert im Grunde dieser Oronte ist, der sich mit seinem Schreiben nur den Jugendtraum der künstlerischen Freiheit zu erfüllen glaubt, wie es doch so viele wollen.

Da seine Gedichte jedoch absolut unmöglich sind, erzwingt er den Hohn der übrigen Personen regelrecht, was ihn zum Außenseiter werden lässt. Oronte: die eigentlich bedauernswerte Figur, die durch die innere und äußere Gespaltenheit zu spielen interessant wird, denn eigentlich sind es so viele, die - wie Oronte - in der Gesellschaft eine Rolle zu spielen haben, dir mit ihrem eigentlichen "Ich" nicht zu verbinden ist, und die damit das Individuum zu einem Produkt der Masse werden lassen.



Acaste - Acaste ist einer von Célimènes vielen Partygästen, die die von Alceste so gehassten Gesellschaft darstellen. Acaste trägt dabei besonders dick auf: er zieht - wie fast jeder - über Nichtanwesende her, hält sich selbst aber für fehlerfrei. Er bezeichnet sich als Gewinner und kann es nicht lassen zu betonen, wie toll er doch sei, und wie weit sein Einfluß reiche, zur Wirtschaft, Politik, und Industrie. Auch seine Freizeitgestaltung ist natürlich nur vom Allerfeinsten: Wintersport in der Schweiz und regelmäßiger Premierenbesuch. Acaste besitzt eigentlich alles, was für Geld zu haben ist, doch bei Célimène versagt seine Logik. Wie alle männlichen Partygäste will er bei ihr anbandeln, doch mehr als eine wohlwollende Aufnahme seiner Rosengrüße scheint nicht drin zu sein, obwohl Célimène bemüht ist, seinen Einfluß als eine Trumpf für sich im Ärmerl zu halten.

Acaste ist jemand, der sich in dieser "falschen" Welt zurechtfindet, zwar nicht auf eine nachahmenswerte Weise, aber er lebt gar nicht so schlecht und hat es verhältnismäßig weit gebracht.



Clitandre - Clitandre ist einer der vielen Verehrer von Célimène, der sich wie die anderen nur ihretwegen auf der Party befindet. Für eine Person wie Alceste hat er natürlich kein Verständnis. Clitandre legt viel Wert auf Äußerlichkeiten, z.B. seine Plastik-Blüschen von Karl Lagerfeld, was sich auch in seinen nichtssagenden Bemerkungen niederschlägt.

Mit Célimène und Acaste zieht er über andere Persönlichkeiten der Gesellschaft her, hält sich dabei jedoch mehr im Hintergrund und wirft Célimène Stichwörter zu, um das eigentlich etwas träge Gespräch im Gange zu halten, benutzt sie nur, um geschickt das Finanzamt zu umgehen.

Artikel der Segeberger Zeitung

Artikel der Lübecker Nachrichten